Commitment in Unternehmen
Die große Mehrzahl der Beschäftigten in Deutschland ist mit ihrer Arbeit zufrieden. Nur jeder achte Arbeitnehmer äußert Unzufriedenheit (Brenke, 2015). Gleichzeitig zeigen die Gallup-Studien, dass nur ein geringer Teil eine hohe emotionale Bindung zu seinem Arbeitgeber hat: Nur 16 Prozent der Beschäftigten in Deutschland sind demnach bereit, sich freiwillig für die Ziele ihrer Firma einzusetzen. 67 Prozent leisten Dienst nach Vorschrift. 17 Prozent sind emotional ungebunden und haben innerlich bereits gekündigt (Gallup, 2010; 2013). Die Wahrheit liegt vermutlich dazwischen und verweist auf notwendige Maßnahmen, um organisationale Bindung und Engagement zu erhöhen.
Ein Synonym für organisationale Bindung ist „Commitment“. Die zugehörige Forschung gibt Antworten auf Fragen, die im Folgenden im Überblick beleuchtet werden:
- Was ist Commitment und welche Ausprägungen gibt es?
- Wie trägt Commitment zum Unternehmenserfolg bei?
- Auf welchem Nährboden entsteht Commitment?
Was ist Commitment und welche Ausprägungen hat es?
Commitment wird im Sprachgebrauch als freiwillige Verpflichtung für eine Sache oder ein Ziel verstanden. Intuitiv werden damit im organisationalen Kontext positive Wirkungen für Mitarbeiter und Unternehmen verknüpft. „We commit.“ heißt einer der Leitsätze im Verhaltenskodex eines Dax-Unternehmens. Ein Commitment fordert im agilen Projektmanagement der Scrum-Master von seinen Teammitgliedern.
Nach Meyer & Herscovitch (2001) ist Commitment eine stabilisierende, verbindende Kraft, die eine Person zu einer zielgerichteten Handlungskette veranlasst. Gleichzeitig beinhaltet es die Einschränkung der Freiheit, viele andere Handlungsmöglichkeiten wahrzunehmen.
Unterschieden werden affektives, normatives und kalkuliertes Commitment (Meyer & Allen, 1991).
Affektives Commitment beschreibt im organisationalen Kontext ein Gefühl der Verbundenheit mit der Organisation, ihren Inhalten, ihren Werten und ihren Zielen. Der Mitarbeiter fühlt sich dem Unternehmen zugehörig und von seiner dortigen Tätigkeit bereichert.
Normatives Commitment beschreibt ein Gefühl der Verpflichtung. Für den Mitarbeiter wäre es unverantwortlich, nicht zu kooperieren.
Kalkuliertes Commitment entsteht aus einer Kosten-Nutzen-Analyse. Die Bindung an das Unternehmen resultiert daraus, dass es für den Mitarbeiter zu aufwändig wäre, das Unternehmen zu verlassen. Es ist schlichtweg keine attraktive Alternative vorhanden.
Besonders deutlich werden die Formen vom Commitment in Veränderungsprozessen. Dort sind Organisationen besonders auf die Unterstützung durch ihre Mitarbeiter angewiesen. Commitment ist hierbei „der Kleber, der den Zusammenhalt zwischen den Menschen und den Zielen der Veränderung sichert“ (Conner 1992, S. 147). Eine Studie dazu betrachtet den Zusammenhang zwischen Commitment und dem gewährten Grad der Unterstützung. Größe und Art des „Commitment to Change“ wurden mittels einer 22 Fragen umfassenden Skala gemessen. Beispielitems waren für
- Affektives Commitment: „Ich glaube an den Wert dieser Veränderung.“
- Normatives Commitment: „Es wäre unverantwortlich von mir, diese Veränderung nicht mitzutragen.“
- Kalkuliertes Commitment: „Ich habe keine andere Wahl. Also ich trage die Veränderung mit.“
Ihren Grad der Unterstützung gaben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einem Kontinuum von null bis hundert an. Ankerpunkte waren „aktiver Widerstand (active resistance)“ als geringstmögliche Ausprägung der Unterstützung, „passiver Widerstand (passive resistance)“, „Einwilligung (compliance)“, „Kooperation (cooperation)“ und „Engagement (championing)“ als größtmögliche Ausprägung. Die Studie zeigt, dass affektives und normatives Commitment mit Kooperation und Engagement korrelieren. Kalkuliertes Commitment führt lediglich zu „Einwilligung“ (Herscovitch, 2002).
Wie trägt Commitment zum Unternehmenserfolg bei?
Studien belegen die starke Wirkung vom affektivem Commitment mit seinem Gefühl der Verbundenheit (Westphal 2011, S. 75 ff.). Fehltage, Kündigungsabsichten und tatsächliche Kündigungen werden reduziert. Die Gesundheit, das Wohlbefinden, die Motivation und die Arbeitsleistung des Einzelnen steigen. Die Leistung von Teileinheiten des Unternehmens und des gesamten Unternehmens wird erhöht. Das „Organizational Citizenship Behaviour“ mit seinem über das vertraglich vereinbarte Maß hinausgehenden Engagement steigt. Die genannten Beiträge zum Unternehmenserfolg werden in geringerem Maß auch durch normatives Commitment aus dem Gefühl der Verpflichtung heraus erzeugt. Kalkuliertes Commitment, also die reine Kosten-Nutzen-Analyse erzeugt keine bis hin zu negativen Wirkungen.
Auf welchem Nährboden entsteht affektives Commitment?
Eine Metaanalyse beschäftigt sich mit dem Nährboden für die Entstehung von affektivem Commitment (Westphal, 2011, S. 77 ff.).
Personenbezogene Einflussfaktoren
Starke personenbezogene Einflussfaktoren sind generelles Systemvertrauen, Vertrauen in das Top-Management und Kommunikationszufriedenheit mit dem Vorgesetzten. Ebenfalls stark mit affektivem Commitment korrelieren die Überzeugung von der persönlichen Kompetenz, eine kollektivistische Einstellung sowie Karriere- und Entwicklungserwartungen im Unternehmen.
Arbeitssituationsbezogene Einflussfaktoren
Die stärksten arbeitssituationsbezogenen Einflussfaktoren sind Dimensionen der ethikorientierten Führung mit ihren Prinzipien Sinn und Vision, Transparenz, Autonomie und Partizipation, positive Wertschätzung, konstruktive Rückmeldung, Klarheit von Zielen und Erwartungen, Fairness, Freude an der Arbeit und persönliches Wachstum (vgl. Frey, 2015) sowie der transformationalen Führung mit ihren Prinzipien Vorbildfunktion, inspirierende Motivation, intellektuelle Anregung und individuelle Unterstützung (vgl. Bass, 1990). Das Charisma des Vorgesetzten sowie ein trans-aktionaler Führungsstil mit Anreiz- und Beitragsgleichgewicht beeinflussen das Commitment ebenfalls. Eine enge Führungsbeziehung wirkt sich positiv, eine distanzierte Führungsbeziehung negativ auf das affektive Commitment aus. Stark positiv korreliert Teamgeist mit affektivem Commitment. Bemerkenswert erscheint, dass an erster Stelle das oberste Management und erst an zweiter Stelle der direkte Vorgesetzte von den Mitarbeitern in das affektive Commitment einbezogen wird.
Organisationsbezogene Einflussfaktoren
Starke organisationsbezogene Einflussfaktoren auf das affektive Commitment sind die wahrgenommene Unterstützung durch das Unternehmen sowie die wahrgenommene Gerechtigkeit im Unternehmen. Ebenfalls stark korrelieren eine ausgeprägte Mitarbeiter-entwicklung, eine innovative Kultur, ein positives Diversity-Klima, Familienunterstützung, die Möglichkeit der Mitbestimmung sowie das externe Ansehen des Unternehmens bezüglich der Übernahme von sozialer Verantwortung. Eine vollständige Übersicht über die Einflussfaktoren und ihre jeweilige Stärke findet sich in Westphal (2011, S. 88).
Schlussfolgerungen
Die positiven Wirkungen von affektivem Commitment im individuellen und organisationalen Bereich legen nahe, dieses gezielt zu fördern. An erster Stelle steht die Verbesserung der Führung hin zu einem ethikorientierten bzw. einem transformationalen Führungsstil. Außerdem sind Führungskräfte und HR-Abteilungen gefordert, eine innovative Kultur der persönlichen Weiterentwicklung, der gegenseitigen Wertschätzung, der Mitbestimmung und der sozialen Verantwortung zu schaffen.
Offen bleibt in der Organisationsforschung die Frage, inwieweit die Mitarbeiter ihrerseits gefordert sind, Commitment aufzubauen und zu erhalten. Wenn das Unternehmen eine Commitment fördernde Kultur etabliert hat bzw. auf dem Weg dorthin ist, liegt es auch an jedem einzelnen Mitarbeiter, sich durch persönliche Weiterentwicklung und ein gutes Selbstmanagement sowie durch Kooperation und Reflexion aktiv am Aufbau von Verbundenheit mit dem Unternehmen zu beteiligen.
Commitment-Workshops für Führungskräfte – Unser Training für die Praxis
In zweitägigen Workshops stellen wir Grundlagen und Best-Practice-Beispiele der ethikorientierten und der transformationalen Führung vor. In Gruppen erarbeiten die Teilnehmerinnen und Teil-nehmer Commitment fördernde Handlungspläne für ihr Unternehmen und ihre Abteilungen.
Literatur
Bass, B.M. (1990). From transactional to transformational Leadership. Learning to share the vision. Organizational Dynamics. 18, 19 – 31.
Brenke, K. (2015). Die große Mehrzahl der Beschäftigten in Deutschland ist mit ihrer Arbeit zufrieden. DIW Wochenbericht Nr. 32+33.2015. https://www.diw.de/documents/publikationen/73/ diw_01.c.512426.de/15-32.pdf (Abruf von 6.4.2016)
Conner, D. R. (1992). Managing at the speed of change: How resilient managers succeed and prosper where others fail. New York: Villard Books.
Frey, D. (2015): Ethische Grundlagen guter Führung. Roman Herzog Institut (Hrsg.): http://www.romanherzoginstitut.de/uploads/tx_mspublication/RHI_ETHISCHE_GRUNDLAGEN_ web.pdf (Abruf vom 6.4.2016)
Gallup Organisation (2015). Engagement Index Deutschland. http://www.gallup.de/183104/engagement-index-deutschland.aspx (Abruf vom 7.04.2015)
Herscovitch, L.; Meyer, J. P. (2002): Commitment to Organizational Change: Extension of a Three-Component Model. In: Journal of Applied Psychology, 87 (3), S. 474–487.
Meyer, J. P.; Allen, N. J. (1991): A three-component conceptualization of organizational commitment. In: Human Resource Management Review, Jg. 1, H. 1, S. 61– 89.
Meyer, J. P., & Herscovitch, L. (2001). Commitment in the Workplace. Toward a General Model. Human Resource Management Review, 11, 299-326.
Westphal, A. (2011). Ethikbasierte Unternehmensführung und Commitment der Mitarbeiter. Wiesbaden: Gabler.